Kindheit
An die beiden letzten Kriegsjahre habe ich keine Erinnerung. Aber an die Zeit der viergeteilten Stadt Wien.
Wie haben hinter den Sophiensälen gewohnt und meine Freunde und ich sind sehr gerne über die Rotundenbrücke in den russischen Sektor und in den Prater gegangen. Nicht sehr zur Freude unserer Eltern die das nicht gerne gesehen haben. Wir hatten jedoch niemals schlechte Erfahrungen mit den Soldaten dort gemacht. Ich habe immer noch meine Kinder I-Card für den Zonenwechsel.
Der monatliche Wachwechsel vor der Hofburg und die 4 im Jeep waren für uns Jungs von unschuldigem Interesse.
Die erste Reise mit meiner Mutter zu den Großeltern nach Deutschland war eine Himmelfahrt. Wir hatten bedingt durch den Beruf meines Vaters internationale Pässe mit denen wir reisen durften, aber bis nach Köln gab es unzählige Kontrollen und lange Zugsaufenthalte. Insgesamt waren wir mit auch mehrmaligem Umsteigen 48 Stunden unterwegs.
Das letzte Jahr vor der Schule war ich dann bei meinen Großeltern auf dem Bauernhof und das ist bis heute ein tiefer positiver Eindruck und ein wichtiges Jahr meines Lebens. Knechte, Mägde, alle Arten von Tieren und das Treiben auf einem Bauernhof haben mich sehr geprägt. Von daher stammt auch meine Liebe zu Pferden und Hunden.
Jugend
Die Entscheidung meiner Eltern mich in eine Realschule einzuschreiben und dort mit Französisch zu beginnen wurde von mir nie in Zweifel gezogen und den größten Teil der Schule habe ich dann in Linz a/Donau absolviert und auch dort maturiert.
Mein Verständnis für Mathematik hielt sich sehr in Grenzen aber auf dem sprachlichen Sektor war ich einfach besser. Auch mein Interesse am kulturellen Leben wurde in dieser Zeit geweckt und natürlich auch die Lust am Rock & Roll. Durchgetanzte Wochenende gab es deren viele.
Nach der Matura alleine zurück nach Wien (Studentenbude und später Studentenheim) begann ich an der damaligen Hochschule für Welthandel meine „akademische Laufbahn“. Mit einem Wort ein lustiges Studentenleben noch völlig unbedarft des Ernstes des Lebens. Auch war ich ein Mitglied der 68 Bewegung und gegen jegliches Establishment.
Die Theorie der Hochschule hielt ich für weltfremd und von den Eltern wollte ich finanziell unabhängig sein und so glaube ich Studium und eine Beschäftigung in der „realen Welt“ vereinbaren zu können.
Beruf
Nach dem frühen Tod meines Großvaters wurde der Bauernhof stillgelegt und ich habe während meiner Schulferien, die ich immer in Deutschland bei der Großmutter verbracht habe, für die Bauern der Umgebung kleine Arbeiten verrichtet die mir ein Taschengeld eingebracht haben.
Auch während des Studiums war ich einige Jahre dort und haben dann Jobs angenommen die dann schon echtes Geld eingebracht haben.
Der erste vollwertige Job war im Vienna Intercontinental, der jedoch ein jähes Ende fand da ich mich mit dem Direktor überworfen habe. Eben immer noch Revoluzzer.
Dann bin ich über Vermittlung meiner Jugendfreunde Plasser & Theurer beigetreten und das war dann auch das Ende meines Studiums. Denn dort wurde ich vom ersten Moment an so eingesetzt, dass für ein Studieren keine Zeit mehr blieb. 34 Jahre habe ich dort verbracht und bin dem Haus sehr dankbar für alles was ich dort lernen und erleben konnte. Es waren sehr prägende Jahre die aus dem Revoluzzer einen Businessmann gemacht haben. Eigentlich das Schicksal vieler 68iger.
Mit dem Millennium wollte ich mich neu orientieren und bin meinen Interessen nachgegangen. Kunst, Kultur, Beratung und Innenarchitektur waren so meine Neigungen die ich dann für mich verwirklich habe. Der Versuch genau zur Wirtschafts- und Finanzkrise ein Hotel zu betreiben hat zwar unsere Gäste sehr erfreut aber die Kassa eher nicht. Daher haben wir uns aus diesem Geschäft mit einem blauen Auge verabschiedet.
Nun bin ich in einem Alter in dem man anfängt die Tage zu genießen und keinen Stress mehr aufkommen zu lassen. Umso mehr Zeit habe ich den Hobbies Reisen und Filmen nachzugehen.
Literatur
Schon als Kind bin ich mit meiner Mutter in die damals bestehende amerikanische Leihbücherei Ecke Kärntnerstraße/Philharmoniker Straße (heute Café Sacher) mitgegangen und habe anfangs viele Kinderbücher gelesen.
Aber mit der Zeit dann auch Bücher für Erwachsene. So wie meine Mutter auch wurde ich dadurch zur Leseratte. Vieles habe ich natürlich nicht richtig verstanden aber mein Geist wurde dadurch angeregt und meine Phantasie geweckt.
Ich habe immer sehr viel gelesen und zwar quer durch den „Gemüsegarten“, vom Krimi bis zum Sachbuch. Ich halte lesen für einen wichtigen Anteil an der Bildung und bedaure, dass viel zu wenig dafür getan wird. Das damals noch übliche Auswendiglernen von Gedichten ist kontraproduktiv, aber ein qualifizierter Leseunterricht mit anschließender Diskussion wäre an allen Schulen empfehlenswert.
Toleranz
Diese beiden Themen, welche ich bei der Matura mit Leidenschaft abgehandelt habe, sind mir Leitsätze für mein Leben geworden.
Maria Ebner-Eschenbach, Maturathema deutsch:
„In der Jugend meinen wir, das Geringste, das die Menschen uns gewähren können, sei Gerechtigkeit. Im Alter erfahren wir, dass es das Höchste ist.“
Bibel: Osée 8, 7, Maturathema französisch:
„Qui sème le vent récolte la tempête.“
Leider ist die Tendenz der letzten Jahre nicht sehr fördernd für eine echte Toleranz. Statt froh zu sein nationalistische Tendenzen überwunden zu haben die zu 2 Weltkriegen geführt haben gewinnen diese rechtsnationalen Meinungen wieder die Oberhand in vielen Ländern. Eine für mich völlig unverständliche Entwicklung. Vielleicht liegt es daran, dass mit steigendem Wohlstand der Neid wieder aufflammt. Noch nie ging es der gesamten europäischen Bevölkerung so gut wie jetzt, natürlich gibt es Benachteiligte und es wäre Aufgabe der Politik da gegenzusteuern. Diese sind allerdings im Moment eher damit beschäftigt ihre Pfründe zu sichern und entfernen sich daher immer weiter vom Volk. Daher: Wehret die Anfänge.
Glück und Zufriedenheit
Das Glück ist wie ein scheues Reh das aus dem Nichts erscheint und schnell wieder verschwindet.
Aber es hat einen Freund der dann doch langer bleibt: die Zufriedenheit. Meist dauert es eine Weile bis man realisiert hat, dass das Glück bei einem vorbeigekommen ist. Glücklich der dem das Glück einige Male in seinem Leben widerfahren ist. Ich kann von mir behaupten das die Zufriedenheit mein Leben bis jetzt bestimmt hat und hoffe das es auch so bleibt.
Tante Jolesch: “Gott soll abhüten vor allem was noch ein Glück ist.”